Eines Tages machte sich eine kleine Lichtseele auf den Weg,
herauszufinden, wer oder was sie eigentlich ist.
Tief in ihrem Inneren wusste sie genau, dass sie Licht und
Liebe ist. Sie wusste von dieser einzigen tiefen Wahrheit. Eine Wahrheit, die
die Realität des Alltags und des Miteinanders ständig zu untergraben versuchte.
Die kleine Lichtseele glaubte aber an die Liebe und an die
Quelle in sich selbst.
Dennoch zeigte das Leben jeden Tag etwas anderes und es war
traurig mit anzusehen.
Als sie auf diese Welt kam, wurde ihr schnell klar, dass sie
um ihr inneres Licht kämpfen musste. Bereits in ihrer Kindheit zeigten ihr die
Menschen, was sie alles in deren Augen sein sollte, um akzeptiert zu werden.
Und solche Sätze machten ihr das Leben schwer:
„Du bist immer so bockig!“, „Sei gefälligst brav!“, „Wenn
Erwachsene reden sollst Du nicht dazwischen reden!“, „Sag immer Bitte und
Danke!“, „Du bist viel zu verträumt, die Realität sieht anders aus!“, „Denk
erst mal nach, bevor Du etwas sagst!“, „Du bist immer so unordentlich!“, „Du
bist faul!“, „Du machst immer noch, was wir wollen!“, „Du kannst das sowieso
nicht!“, „Wenn Du Dich anständig benimmst, dann haben wir Dich auch wieder
lieb!“
So vergaß die kleine Lichtseele mehr und mehr, wie viel Licht
sie in sich trug. Dabei wollte sie doch nur geliebt werden wie sie war. So
lernte sie mit der Zeit sich an das Grau dieser Welt anzupassen.
Doch die Lichtquelle in ihr wollte das so nicht akzeptieren.
Manchmal fühlte sich die kleine Lichtseele wie in zwei
völlig unterschiedlichen Welten. Manchmal wusste sie nicht mehr, wer sie
wirklich war. Manchmal verlor sie sich in der Dunkelheit und glaubte, das Licht
bei anderen zu finden.
Menschen kamen wie leuchtende Sterne in ihre Welt und
verblassten dann wieder. So manche Begegnung kam ihr vor, wie wenn sie an den
Ursprung des Lichts zurückgekommen wäre. In manchen Menschen erkannte sie
dieses leuchtende Licht ganz deutlich. Doch solche Menschen blieben nicht
lange. Sie gingen – wie sie selbst – immer wieder auf die Suche.
Im laufe der Jahre verlor sich das Leuchten der kleinen
Lichtseele mehr und mehr. Der Alltag, der Schmerz und das Leid machten sie
traurig. Ihre verträumte, liebevolle Welt verlor sich in all den kleinen
Gemeinheiten.
Immer mehr Menschen glaubten zu wissen, wie oder wer sie
wirklich ist. Immer mehr Menschen versuchten sie in Schemata zu pressen, die
sie so nicht kannte und auch nicht wollte.
Doch etwas konnten sie nicht zerstören:
Die Farbenpracht ihrer Träume und den Glauben an die
Lichtquelle in ihr selbst.
Oft fühlte sich die kleine Lichtseele wie eine Fremde in
einer geschäftigen, unpersönlichen Welt. Oft fragte sie sich, ob es an ihr
liegen würde. Genauso oft fragte sie sich, was sie eigentlich falsch machte.
Musste sie sich anpassen und ihr Licht verleugnen, um
dazuzugehören?
Musste sie die Meinung anderer über sie endlich als Wahrheit
erkenne, um sich nicht mehr so allein zu fühlen?
Dabei wollte sie doch nur leuchten wie ein funkelnder Diamant
in der Sonne.
Dabei wollte sie doch nur ihr Licht in die Welt tragen und
anderen Mut machen, das gleiche zu tun.
Aber wenn alle ihr Licht in diese Welt tragen und alle
leuchten, dann würde sich ja keiner mehr vom anderen unterscheiden. Woher würde
sie dann wissen, wer sie selbst ist?
Tief in ihrem Inneren meldete sich die Wahrheit und sprach
zu ihr:
„Ihr seid alle Licht! Leuchtet und bringt Eure Liebe in
diese Welt. Tragt Euer Licht in die Dunkelheit. Es kann Euch nichts geschehen.
Denn Ihr ward immer Licht und Ihr werde immer Licht sein!“
© Cornelia G. Becker 25.09.2014
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen